„Der Blues existiert, seit die Welt existiert. Der Blues ist die Wurzel der Musik, von Rock´n´Roll und Punk oder was sonst noch…“
Das meinte einst John Lee Hooker und Bernd Rinser sieht das genauso und hat sich in Allem, was er tut, dem Blues verschrieben. Und dafür geht er musikalisch zurück bis an die Wurzel, in die Zeit als es die strikte Trennung von Blues und Folk noch gar nicht gab.
RootsRock, Folk Songs & Street Dog Blues
war also das, was uns erwartete und gleich vorweg müssen wir festhalten, der (imaginäre) Preis für das beste Après Church Bühnenbild 2023 geht an Bernd Rinser und sein musikalisches Wohnzimmer, welches er auf unserer Bühne aufbaute. Schaut selbst, da standen also neben Mikrofonen, Kisten und Trommeln, insgesamt 4 Amps (der älteste aus den 40er Jahren), diverse Blues Harps und 6 Gitarren aus verschiedenen Jahrzehnten. Jede davon mit einem ganz eigenen Sound und natürlich auch in unterschiedlichen Stimmungen, denn ob eine Gitarre geschlagen, gezupft oder geslidet wird, ist eben ein Unterschied und verdient unterschiedliche Behandlung.
Stimme
hat er auch und nicht zu knapp. Sein Organ würde sich zur Not auch ohne Verstärkung über den Sound der Gitarren und Trommeln setzen. Und Apropos Verstärkung, auch da war Bernd Rinser Old School unterwegs. Der Hof wurde ausschließlich von der Bühne aus beschallt, also alles, was wir hörten, kam ausschließlich von den Amps, aus dem oben erwähnten musikalischen Wohnzimmer. Konzeptionell auf jeden Fall eine richtige Entscheidung, um die Songs pur zu erfahren, wie sie gemeint sind. Und es klang auch wirklich gut. Also…die Wohnzimmerkulisse war eben keine Shabby-Chic-Deko, sondern wirklich eine echte Klangkulisse. Daumen hoch dafür!
Geschichten und Geschichte
wusste Bernd Rinser zu erzählen und so konnte der Eine und die Andere unseres KunstHof-Publikums wirklich viel erfahren über die Geschichte des Blues. Oder die Erfindung der „Dobro“, einer Resonatorgitarre, also sozusagen der Gitarre, die es schon vor Erfindung der Gitarrenamps möglich machte, einen lauteren Sound zu erzeugen. Das Patent aus den 20er Jahren geht auf einen slowakischen US Immigranten aus der Tschechoslowakei zurück, der die Dobro dann mit seinen Brüdern zusammen herstellte. Das z.B. wusste ich nicht. Ich hatte auch den Namen für diese Gitarren, also Dobro, nie hinterfragt, nun ergibt das aber alles einen Sinn, heißt doch „gut“, oder „in Ordnung“ östlich und südöstlich von uns immer dobre, dobry, dobsche, oder eben dobro. Auch bei unseren einheimischen Sorben z.B.
Die Dobro jedenfalls entstand vorerst ausschließlich aus Blech und war sehr preiswert zu haben, Dadurch prägte sie, ob sie das jemals wollte oder nicht, den sich entwickelnden Sound der Underdogs. Wer hingegen etwas auf sich hielt und zeigen wollte, dass er Kohle hatte, spielte eine Holzgitarre.
Funfact: Wer eine originale (damals billige) Dobro besitzt, der hat quasi einen Kleinwagen zu Hause an der Wand zu hängen. Man muss Dinge also einfach nur lange genug aufheben…ja…ok…und alt genug werden 😊
Dobre, skúsme to
Kurzweilig waren diese Geschichten, auch für die unter uns, die nicht so bewandert sind in diesem musikalischen Metier. Und auf eines muss man in diesem Zusammenhang definitiv immer wieder hinweisen. Bei aller Detailtreue und aller soundlichen Anlehnung an seine Helden, alle, also wirklich
alle gehörten Songs des Sonntags stammen aus der Feder von Bernd Rinser!
Das könnte man nämlich schnell vergessen, bei einer so puren stimmigen oldschool Darbietung!
Pünktliche Glocken von St. Laurentius
hatten wir auch schon lange nicht mehr, aber eben an diesen Sonntag und so schmiss Bernd Rinser gleich zu Beginn einmal sein eigentlich geplantes Konzept über den Haufen und spielte in das Glockengebimmel der Stadtkirche hinein „Chapel“ welches er den sogenannten „Beautiful Losers“ gewidmet hat, z,B. Leonard Cohen, Willy De Ville, Marianne Faithfull, Johnny Cash, Jeff Buckley, Chris Whitley und weiteren mehr!
Little Walter
Auch so eine der Geschichten, die Bernd uns erzählte. Little Walter war der erste, der die Blues Harp mit einem Gitarrenverstärker zusammen benutzte, um nicht immer, von den schon verstärkten Gitarristen, platt gemacht zu werden. Er ist also der Urvater des Sounds, den wir heute von allen Blues Harp Spielern kennen, wie z.B. Bernd Kleinow oder Matze Stolpe, der ja auch schon bei uns auf dem KunstHof zu Gast war. Und auch Bernd Rinser griff das eine oder andere Mal bei seinen Songs zur Blues Harp. Ein klares MUSS bei dieser Musik.
Fazit
Ich kann ja sowieso immer nicht auf alles im Einzelnen eingehen. Das könnte ja im schlimmsten Fall auch dazu führen, dass das geschätzte Publikum denkt, es könne zu Hause bleiben und sich im Nachhinein einfach die Konzertberichte zu Gemüte führen…Nein ihr Lieben…das selbsterfahrene Konzerterlebnis zusammen in geselliger Runde und unter Freunden, das sollte immer der Anspruch von Après Church sein.
Und so fasse ich nur zusammen, dass wir einen Sonntag erlebten, der von treibenden Riffs und bluesigen Zugfahrbeats, bis hin zu Balladen, Folksongs, Boogies, Geschichten und Geschichte alles bereithielt. Sogar Buch (Beautiful Losers) und Filmtipps (Cadillac Records). Dargeboten von einem bestens aufgelegtem Bernd Rinser, der das aufmerksame Publikum sichtbar genoss. Ja liebes Publikum, ihr seid toll und bringt jedem Künstler immer wieder Achtung entgegen. Und das quer durch die Genres, ist doch so ein KunstHof-Programm übers Jahr betrachtet eine ganz schöne Wundertüte, aber eben alle Künstler, die bei uns auftreten, machen das, was sie tun, aus vollstem Herzen und ihr zeigt ihnen dafür euren Respekt. Und dafür danken wir euch!!
Geldsammelkinder
waren heute wieder einmal Anna und Wilma, die auch nebenbei die Schallplatten und CDs von Bernd verkauften. Danke auch euch, ihr lieben! Der ultimative und einzigartige KURZE APPLAUS des Tages ging heute an das Tresen-Team, welches neben der Arbeit wieder einmal durch exzessives Tanzen auffiel! Und der lange Applaus ging natürlich an
Bernd Rinser
der sich nach dem Auftritt noch lange nicht auf den Weg in die Südstaaten (nein, nicht Sachsen, BAYERN!) machte, sondern bis zum frühen Abend mit dem Kernteam zusammen den Tag ausklingen ließ.
Wir haben da draußen zwei Weiße stehen, die sehen aus wie von der CIA oder sowas
Wer den Bericht mit einem Zitat beginnt, der muss auch mit einem Zitat enden und ohne ein Zitat aus den Bluesbrothers geht es dann eben doch nicht 😉 Unsere heutige Reise ging, gefühlt, von New Orleans über Chicago bis ins schöne Köpenick und aus der kommunalen Treptow-Köpenick-Politik waren diesen Sonntag zitatgemäß zwei Weiße vor Ort, nämlich Martin Sattelkau (MdA), sowie der Kulturstadtrat Marco Brauchmann. Wir freuen uns über den Zuspruch und zählen auf ihre Unterstützung!
Der KunstHofKöpenick e.V. ist zwar nicht im Auftrag des Herrn unterwegs, aber unbestritten ein wichtiger Ort zur Pflege des gesellschaftlichen Miteinander und Zusammenhalts. Überparteilich und interkulturell!
Hab ich was vergessen? JA, die Sonne war da, gar zweimal. Einmal in Gestalt eines Gasballons, welcher uns auch nächsten Sonntag wieder bescheinen wird und einmal in Gestalt unserer Freundin und Bezirksverordneten Petra Reichardt. Gut, dass es Dich gibt!
Gez. Plisch
weiter geht es am SONNTAG :
https://kunsthofkoepenick.eu/veranstaltungen/apres-church-auf-dem-kunsthofkoepenick-kaetsch/
Après Church, die nachbarschaftliche verbindende Veranstaltungsreihe zum Erleben von Kultur bei Kaffee, Wein, Bier oder alkoholfreien Getränken
Jeden Sonntag 11.30Uhr bis 13.00Uhr auf dem KunstHofKöpenick
– Alt Köpenick 12. Einlass ab 11Uhr – EINTRITT FREI –
HÖRT IHR DIE GLOCKEN, MACHT EUCH AUF DIE SOCKEN!
Fotos: Dietmar Marquardt, Fred Beuster, Norbert Milzow