Plattitüde in H-Moll
Damit sollte das Konzert von Shakti & Matze auf dem KunstHofKöpenick heute starten. Wie wir alle wissen, ist eine Plattitüde laut Definition eine belanglose Aussage und wir können es als absolutes Understatement der beiden Protagonisten des heutigen Vormittags werten, so zu starten, denn….belanglose Aussagen kann man den beiden, die ihre Lieder zumeist im Winter am Küchentisch schreiben, nun wirklich nicht vorhalten. Im Gegenteil! Immer unterhaltsam, immer ohne Zeigefinger und sehr humorig bringen die beiden ihre Geschichten zu Gehör, die so oder so ähnlich auch unsere sein könnten. Und das ist nicht alles, das ganze würzen sie mit einer klaren Dramaturgie, die sicher der jahrelangen Erfahrung der Kleinkunstbühnen dieser Republik entspringt. Mich freut so etwas immer sehr, wenn nicht lediglich die Lieder abgespielt werden, sondern der Kontakt mit dem Publikum gesucht wird, auch über kleine aber sehr feine Ideen zu den Liedern. In An- und/oder Absagen oder auch währenddessen. Und das freut nicht nur mich, sondern das ganze Publikum. Schon bei der charmanten Eröffnung durch Shakti waren also alle mit im Boot und ganz Ohr.
Auf Autobahnen
zum Beispiel. – Als Angehöriger des fahrenden Volkes, also als Muschkante, verbringt man auf Selbiger viel Zeit und muss sich eben auch mit den Widrigkeiten auseinandersetzen die einen dort erwarten. Es grassiert ja beispielsweise seit einigen Jahren die Unsitte, einen in unverschämter Weise abzukassieren für die dringendsten Bedürfnisse, die auf so einer Fahrt eben auch entstehen. Moderne Wegelagerei, die man dadurch versucht, schön zu färben, dass (Pinkel)Bons verteilt werden. Aber da man nur einen Bon pro Artikel einlösen kann, ist es ja eben nicht so, dass man einfach mal 15 Bons ansparen könnte, um sich dann davon wenigstens eine überteuerte Currywurst zu kaufen... Es ist also als Vielfahrer nicht möglich, noch zu seinen Lebzeiten diese mühsam erpinkelten Bons alle einzulösen.
Das haben Shakti und Matze nicht nur erkannt, sondern machen eine Nummer daraus, die so einleuchtend wie lustig ist. Signierte Pinkelbons einer hier nicht näher erwähnten, aber bekannten Kette werden dem geneigten Publikum feilgeboten, kostenlos selbstredend, oder auch als Preis, dazu später…
Moralinblues
laut Selbstaussage ein „unglaublich stressiges und anstrengendes Lied, welches aber nicht weggelassen werden darf, weil nach diesem Lied alle anderen Lieder umso schöner wirken“
Da sind wir wieder bei Understatement und Humor, na jedenfalls ist das Thema durchaus stressig und wir alle könnten, wenn wir könnten, auch ein Lied davon singen…Klatsch und Tratsch! Ohne einzelne Mitglieder oder Freunde des KunstHof beim Schreiben des Liedes gekannt zu haben, kamen im Selbigen aber sowohl Anna, als auch Johanna, Volker und „die Schulze“ vor. Na kiek mal einer an 😉
Mulligatawny-Soup
Wieder so eine tolle Idee. Wenn die beiden unterwegs sind, hören sie den Menschen zu und verarbeiten Gehörtes und Begegnungen und so trafen sie bei einer Fernsehsendung des SWR (hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Shakti & Matze aus Kaiserslautern kommen? Nein? Dann jetze)…also…und so trafen sie bei einer Fernsehsendung des SWR eine auch anwesende Youtuberin, also quasi eine Koch-Influenzerin, die mit ihrem Youtube-Kanal richtig Geld damit verdient, dass sie kocht, also Rezepte vorstellt und das alles schön zum Nachkochen mit Untertiteln und allem Pipapo online stellt und die den beiden erklärte, dass es natürlich quatsch ist mit Musik auf Youtube-Geld verdienen zu wollen. Nun ja…man lernt nie aus und immer dazu und warum nicht das Eine mit dem Anderen verknüpfen, dachte sich Matze auf der anschießenden Autofahrt und so haben die beiden nun auch ein musikalisches Kochrezept mit Untertiteln auf ihrem Youtube-Kanal und selbstredend bekamen auch wir es präsentiert und das auch mit LIVE Untertiteln, großartig und hier zum Nachkochen:
https://www.youtube.com/watch?v=GMeuJHZrZic&list=RDGMeuJHZrZic&start_radio=1
Tag im Café
Wer nicht selbst kochen will oder kann, kann ja auch mal n Tag im Café verbringen, aber ich nutze dieses Lied jetzt, um endlich auf das vielfältige Instrumentarium von Shakti & Matze zu verweisen, sonst entsteht hier noch der Eindruck eines „Gedichtvortragevormittags“. Nein …wir hörten ja Lieder und die wollen gesungen und bespielt werden.
Also beide singen natürlich, Matze spielt im Laufe des Programms drei verschiedene Gitarren und das außergewöhnlich gut und Shakti bedient über das Programm verteilt viele Kleinstinstrumente und auch der Fakt, dass sie viele davon nur ein einziges Mal benutzt, holt mich dramaturgisch komplett ab. Ich liebe das, es zeugt ja auch von Spieltrieb und Liebe zur Sache und ich unterstelle jetzt mal, dass es genau zwei Wege zum Einsatz eines bestimmten Instrumentes gibt. Entweder ein Song braucht genau diesen Sound, diesen Klang und die anderen eben nicht, also kommt es eben nur einmal zum Einsatz, oder…und ja das ist eine Unterstellung, aber ich kenne das….es läuft einem ein Instrument, ein Geräuscherzeuger, ein „was auch immer“ über den Weg und man denkt, oh…wie großartig, wie lustig, wie toll…lass uns ein Lied dafür finden oder schreiben….Und so finden sich also im Geräusch und Klangsammelsurium, das von Shakti bedient wird, ein Klaviaturglockenspiel, wie bei eben diesem Lied oder auch eine Autoharp, die wir als Klang aus Gruselfilmen kennen, oder ein Stylophon, 2 Wah wah tubes (zu diesen beiden später mehr) und vieles, was da klopft und rasselt.
Erinner mich
daran, dass ich euch noch daran erinnern muss, dass die Liedliste natürlich wie immer nicht vollständig ist. Vor diesem Lied hier gab es auch ein Lied für alle Krähen auf unserem Hof, also für alle, die überhaupt nicht singen können. Und obwohl unsere Lieblingskrähe diesen Sonntag gar nicht da war, machten viele von ihrem Stimmrecht Gebrauch und es ergab sich ein vielstimmiges und wunderbar atonales „PINK“…wer Genaueres dazu wissen will, der muss eben selbst ein Konzert der beiden besuchen. Im Oktober sind sie noch einmal in Berlin, also wenn wir mit dem Programm auf dem KunstHof durch sind! „Erinner mich“ jedenfalls ist aber auch das Lied für die wah wah Tube in C und die passt eben dort und nur dort, also weg damit und weiter….
Schon wieder
so ne schöne Idee – Ein ständig wachsendes Lied unter Beteiligung des Publikums. Also im Grunde geht es darum, was einem alles so im Alltag passiert, von Wecker nicht gehört bis Zeitumstellung verpasst und die Liste ist natürlich unendlich erweiterbar und soll es auch sein. Und genau zu solchen Dingen die einem selbst so passieren, kann und soll man Shakti & Matze schreiben, gern auch über die zur Verfügung gestellten Postkarten, oder per mail und dann findet sich dafür vielleicht auch noch ein Platz in diesem Lied.
An der Reaktion des Hofes war jedenfalls deutlich zu erkennen, dass sich der Eine oder die Andere durchaus schon wiedergefunden hat, gell Christiane? „Das bin doch ich“ schallte es aus der Ecke 😉 Ich sagte es ja schon zu Beginn des Berichtes, es geht um Geschichten und Begebenheiten die so oder so ähnlich jedem von uns hätten passiert sein können. Check!
Die Voyager sendet weiter
Und auch hier schließt sich ein Kreis zu einem vorangegangenen Absatz, denn…Matze zeigte sein T-shirt mit einer grafischen Darstellung und nach Aufforderung durch Shakti sollte das Publikum unter Androhung eines zu gewinnenden PinkelBons erkennen, was diese Grafik darstellt. Was soll ich sagen, es dauerte keine 3 Sekunden bis unser Künstlerfreund und Grafiker Martin Claus das „Rätsel“ entschlüsselt hatte und mich wundert daran nicht, DASS er es erkannt hat, nur wundert mich, wie gut seine Augen noch sind, denn er stand eher in Tresen- als in Bühnennähe. Chapeau Martin, den Bon und unseren Respekt hast Du Dir verdient! Ich umreiße aus Zeitgründen nur kurz, dass es natürlich in diesem Lied um die Sonde geht, welche durch das All fliegt, um möglichen außerirdischen Kulturen eine Ahnung davon zu geben, wer wir hier auf dieser Erde sind. Ach wenn wir das nur erdumspannend selbst wüssten! Aber versuchen kann man es ja mal und so enthält die Voyager auf einer goldenen Schallplatte neben Grußbotschaften auch und natürlich Musik von z.B. Bach, Beethoven, Mozart und Chuck Berry und Naturgeräusche. Das Lied hingegen enthält ein Wah wah Tube in E. 😉 Sehr schönes treibendes Lied im Übrigen. Funfact…Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese unsere Nachricht im All unser Sonnensystem überleben wird. Was aber leider ziemlich klar ist, ist, dass sie auf jeden Fall uns Menschen überleben wird, wenn wir so weitermachen! – Wieso komme ich denn gerade jetzt auf
Adorno und Karl Marx
??? Ach so…ja…klar, wie wir alle wissen, beleuchtete Marx die ökonomische Basis der Gesellschaft und Adorno erweiterte diese Analyse um die Kultur und die Individuen, um zu zeigen, wie kapitalistische Strukturen das Bewusstsein der Menschen prägen. Warenfetisch und Verdinglichung ist das Stichwort…Klar soweit 😉 „Adorno und Karl Marx“ ist aber auch das einzige Liebeslied im Programm von Shakti & Matze, weil man eben mal eins geschrieben haben muss! Aber, wie das Leben so spielt, das kennt man ja von Kindern, irgendwann im Verlaufe bekommen die Dinge eine Eigendynamik und entwickeln ein Eigenleben, was dann eben dazu führt, dass die Romantik in einem solchen Lied zwar durchaus noch vorhanden ist, aber dennoch irgendwie ganz anders als ursprünglich geplant.
Über Nacht
ändern sich eben manchmal die Dinge und alles ist anders, manchmal auch die Stimmung und man wacht z.B. grundlos schlecht gelaunt auf. Auch dafür muss es natürlich ein Lied geben, aber Shakti & Matze wären nicht Shakti & Matze, wenn sie nicht mit einem Kniff am Ende des Liedes wieder ein Lächeln auf den Hof zaubern könnten. Und womit? Mit einem weiteren vorhin kurz erwähnten „Instrument“, dem Stylophon. Ein wirklich grausiges Instrument, was wohl, zumindest in den gebrauchten Ländern, wir hatten ja nüscht 😉 ab 1967 unter vielen Weihnachtsbäumen lag und spätestens bis Silvester unter ungeklärten Umständen wieder verschwand, weil es zwar den Kindern viel Freud, den Eltern jedoch viel Leid brachte. Doch nun…ein Tipp von Shakti: Dieses Gerät gibt es nach längerer Pause wieder zu erwerben und wer Kinder in seinem Umfeld mag, die Eltern hingegen nicht so, der solle das doch gern verschenken. Die Einladungen der Eltern hören schlagartig auf und die Zuneigung der Kinder ist einem sicher. Ein Leben lang! Und mit einem Solo auf diesem STYLOPHON endete das Lied dann doch sehr versöhnlich.
Weihnachten steht vor der Tür Nachbarn und hier geht es zu Geschenk:
https://www.thomann.de/de/duebreq_stylophone_s_1_analog.htm
Ecke Logen-Eisenbahnstraße im Herbst
soll uns nun in die Zielkurve des Vormittags bringen, wird hier doch eine Kreuzung besungen und auch wir Köpenicker könn(t)en ein Lied von Kreuzungen singen. Von gesperrten Kreuzungen zum Beispiel oder ganzen Straßen, die über Nacht auf einmal unbefahrbar sind, von über 20 Jahre alten Behelfsbrücken und Brücken, die über Jahre versucht werden zu bauen, aber nicht fertig werden. Über nicht erfolgte Absprachen, wobei man da sagen muss, dass zumindest die Wasserbetriebe und die BVG miteinander kommunizieren, was hingegen „Stromnetz Berlin“ noch lernen müsste, aber nicht so richtig kann oder will. Wir können euch hier schon einmal mitteilen, dass es im Anschluss an unsere Saison eine Spülbohrung von der Gutenbergstraße aus unter der Dahme entlang hinüber zur FREIHEIT geben wird. Was das für die dort dann eigentlich wieder geöffnete Kreuzung heißt und wie sich das alles auswirkt, dazu kann oder will sich aber „Stromnetz Berlin“ nicht äußern. An dieser Stelle wieder unser Dank an den Tourismusverein, der immer versucht alle Infos zu bekommen und für uns zusammenzutragen. UND zu veröffentlichen und zwar hier:
Die aktuellen Flyer dazu liegen bei uns ja auch immer aus!
Zukunftsmusik
ist es jedenfalls, dass wir unser schönes Köpenick wieder auf allen Wegen barrierefrei erreichen können und wir hoffen sehr, dass wir das überhaupt noch alle erleben. 😉 Zukunftsmusik war aber auch der letzte Song im Set, doch zuvor erklomm, wie (fast) immer der Onkel mit der Laterne Tobias die Bühne, der ja berufsbedingt eine Woche aussetzen musste und sichtlich gut gelaunt darüber war, wieder im Kreise seiner Lieben einem Konzert lauschen zu können. Natürlich wurde unser Konzept des „Einer-trage-des-anderen-Last“ erklärt, dem wunderbaren Team mit dem Kunsthofspezifischen kurzen Applaus gedankt, die Geldsammel“kinder“ Anna, Wilma und Hannes begrüßt, danke ihr Schnuffies und Danke Anna für die Hilfe an Bühne und Merch.
Natürlich wurde vom Onkel mit der Laterne auch darauf hingewiesen, dass es nunmehr nur noch 2 Après Church Sonntage (ooooh) in dieser Saison gibt, aber natürlich trotzdem unser VIERTES ADVENTSKONZERT am 1. Advent in der Friedenskirche Grünau, wo wir dann auch unser Jahresprogramm für 2026 bekanntgeben. Wir müssen an dieser Stelle auch wie immer unserem außergewöhnlichen und zahlreichen Publikum danken und Volker, der heute stellvertretend die Rolle unserer heißgeliebten reichen Mitbürger mit sozialem Gewissen einnahm.
Shakti & Matze danken wir sehr für einen kurzweiligen, launigen, wunderbaren Vormittag bei Sonnenschein. Danke Petrus dafür! Und stellevertretend für den Tourismusverein danken wir hier einmal Janka, bei der die Baustellenfäden zusammenlaufen!
ENDE Gelände – Winkewinke –
Da kannste nix machen
oder doch…So laut, herzlich und fordern Zugabe rufen, dass diese eben auch gern gespielt wird mit eben diesem Lied, was eine Verbeugung der Band vor ihrem Publikum darstellt, was so höflich ist, dass es sich teilweise schriftlich vorab erklärt, wenn es einmal nicht zum Konzert kommen kann. TOLL! Nicht verschweigen möchte ich aber, dass das schon die zweite Zugabe war! Und das zu Recht, denn es war ein wirklich großartiger Vormittag.
Von den 50ways to leave seien hier aber nur 3 erwähnt:
- Das Publikum begab sich zur behördlich verordneten Mittagsruhe.
- Shakti & Matze fuhren in den Prenzlauer Berg zur Lesebühne im Baiz.
- das Team baute, wie immer (bei bester Laune), den Hof zurück und begab sich dann in die Grünstraße, um in der Sonne sitzend den Tag gemeinsam ausklingen und das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen.
Das Leben ist schön!!!
Gez. Plisch
NÄCHSTEN SONNTAG geht es weiter mit:
https://kunsthofkoepenick.eu/veranstaltungen/apres-church-auf-dem-kunsthofkoepenick-lueuel/
Après Church, die nachbarschaftliche verbindende Veranstaltungsreihe zum Erleben von Kultur bei Kaffee, Wein, Bier oder alkoholfreien Getränken
Jeden Sonntag 11.30Uhr bis 13.00Uhr auf dem KunstHofKöpenick
– Alt Köpenick 12 – Einlass 11Uhr – EINTRITT FREI –
HÖRT IHR DIE GLOCKEN, MACHT EUCH AUF DIE SOCKEN!
Alle Konzertberichte des Jahres zum Nachlesen findet ihr auf unserer Website unter dem Reiter APRÈS CHURCH – Alle Konzertberichte
https://kunsthofkoepenick.eu/category/allgemein/
Fotos: Norbert Milzow