Froh (sowieso)
waren wir schon vor einem Jahr, als klar war: Sie werden wiederkommen.
NERVLING. 2020 zum Friedenskonzert „Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ waren sie das erste Mal bei uns. Unter erschwerten Bedingungen. Pandemie, BVG Streik, Auflagen, Reisebestimmingen… Aber… wir haben das gemeinsam durchgezogen.
Wer mag, kann sich ja nochmal den Film oder die Bilder und Texte dazu ansehen.
https://kunsthofkoepenick.eu/friedenskonzert-2020/
NERVLING, Uschi Brünig, Dirk Zöllner, Andre Gensicke, Tobias Unterberg und Wassim Mukdat waren damals dabei und es war wirklich wunderbar. Wassim besuchte uns und Nervling heute übrigens spontan und war auch wieder begeistert von der Energie und Freude der beiden. Warum erwähne ich das? Na erstens, weil wir uns sehr über den Besuch von Wassim gefreut haben und zweitens um vom Friedenskonzert 2020 wieder thematisch zurückzukommen zum Après Church am 1. September 2024 mit NERVLING.
Hier kommt keiner lebend raus
was für ein Opener ☺. Und so fühlte es sich auch an. Ich sage ja sonst gern, dass das Eis schon beim ersten Lied gebrochen wurde, heute allerdings tobte schon nach dem inzwischen (aus Gründen) gesetzten „Bruder Jakob“, also VOR dem ersten Lied, ein Applausorkan durch den überfüllten KunstHof.
Die Begrüßung war überschwänglich. Bis hinaus auf die Wiese saßen und standen und tobten die verehrten Publikümmer. Die 3 Jahre Wartezeit seit dem letzten Après Church mit Moira und Tom führten wohl zu diesem lang aufgestauten Gefühlsausbruch. Irre, das kennt man aus Berlin so nicht, da muss man eigentlich als Band erstmal ordentlich Abliefern, um dann (vielleicht) so geliebt zu werden. Das heute fühlte sich eher an wie ein Konzert in Köln, wo man manchmal schon vor dem ersten gespielten Ton sagen könnte:
„Danke, es war schön bei euch, auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal“.
Aber Köpenick ist eben nicht Berlin, gell? ☺
Egal
ist uns das durchaus nicht. Wir freuen uns immer sehr, welchen Zuspruch die, von uns eingeladenen, Bands erfahren. Für die Bands und auch für uns. Weil in diesem Fall, da wir das ja alle ehrenamtlich machen, ist dieser Applaus natürlich auch für uns eine Bestätigung unserer Arbeit. Und das tut sehr gut. Wie auch der Blick in die vielen frohen Gesichter auf und vor der Bühne. Und ich sage es immer wieder gern, natürlich fällt es auch der Band leichter in Fahrt zu kommen, wenn das Publikum mitspielt. Es ist nun mal ungewohnt, um diese Uhrzeit und bei Tageslicht, fernab des normalen Tourrhythmus`, ein Konzert zu geben. Und die beiden standen ja auch noch am Abend vorher hoch im Norden auf der Bühne und hatten somit eine sehr kurze Nacht. Wie auch Teile der KunstHof-„Meute“ , die gestern mit Randolf seinen 70. Geburtstag feierten (Glückwunsch auch von dieser Stelle), zwei Damen, die extra noch schnell vom „Jamel rockt den Förster“ angereist waren und der Köpenicker Stadtstreicher Tobias, der gestern noch mit Scholle und Gensi in der Gassmühle Rotta aufspielte. Übrigens auch ein sehr schöner Ort, betrieben von zwei Kulturverrückten (Simone und Tomas, Grüße gehen raus). Wenn ihr also mal außerhalb des KunstHofs einen Ort sucht, der zum Konzerterlebnis einlädt und ähnlich tickt, dann guckt euch das mal an. Die Open-Air-Saison dort startet wieder im Juni 2025. Aber Sonntag immer erst zum Après Church, auch 2025!
Follow me
Und auf einmal wurde es orientalisch auf dem KunstHof. Das Lied stammt aus der Zeit
(2013-2015), als Moira und Tom sich einmal komplett um den Globus spielten und die Zielsetzung hatten, in jedem Land ein Lied zu schreiben, welches vom jeweiligen Land inspiriert ist. Genau diese Idee verfolgte später ja auch Ronja Maltzahn, die mit ihrer Band im Übrigen (Achtung Spoiler) 2025 wieder auf den KunstHof kommen wird. Das komplette Programm erfahrt ihr exklusiv, vorab und analog mit unserem Flyer beim Adventskonzert am 01. Dezember in der Friedenskirche Grünau.
Aber zurück zu „Follow me“. Hier kam dann auch die Flöte von Moira zum Einsatz. Neben ihrem großartigen Gesang, dem Xylophon und dem reichlich bestückten Mundharmonikagürtel, also auch Flöte. Toll. Und überhaupt tolles Lied, inspiriert durch die Kinder in Kalkutta.
Tom seinerseits musste sich, neben seinem (wieder) tollen rauchigen Gesang, natürlich hauptsächlich auf die Gitarrenarbeit und die Loops beschränken, er legt die Basis, das Bett sozusagen, was Moira dann zertanzt und zerwühlt. Eine nicht namentlich erwähnte, aber uns durchaus bekannte, ältere Dame führte das zu der Vermutung, dass Moira irgendwo in sich Paprika versteckt hätte, also bitte…höchstens im Stiefel vielleicht. Denn auch bei Hitze und Sonnenschein ließ es sich Moira nicht nehmen, ihre geliebten Bühnenstiefel zu tragen. Laut Selbstaussage trägt das nicht unbedingt zur Intelligenz auf der Bühne bei. Nun ja…Ich sag mal so… Wenn nur noch die total Bekloppten und Bescheuerten lachen dürfen, dann haben wir bald gar nichts mehr zu lachen. Wieso kommt mir jetzt gerade eine Uhrzeit in den Kopf? Sonntag 1. September 18Uhr…hm…weiß ich jetzt auch nicht. Aber…doof und DOOF ist ein riesen Unterschied. Und kann man eigentlich unter seinem Niveau lachen? Bei NERVLING jedenfalls lache ich sehr sehr gerne und bin damit ja nun wirklich nicht allein. Und das macht Mut!
Dauersauer
ist doch schließlich keine Lösung. Und Unterhaltung mit Haltung ist großartig. Noch großartiger ist es, wenn eine Band es auf der Bühne einfach laufen lässt, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt und unbekümmert und offen ist. Klar, Hater gibt es immer irgendwo, zumeist in den Weiten des Netzes, aber…auch, wenn das seit geraumer Zeit verstärkt von ein paar Dauersauerdraufhauer Menschlein bestritten wird, hey…wir können durchaus reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Eine demokratische Gesellschaft hält das aus. Nur ist Demokratie mit 2 Leuten schwierig. (Insider für Dabeigewesene)
Wieso fällt mir jetzt schon wieder die Uhrzeit von vorhin ein? Vielleicht, weil ich Demokratie einfach mag und mir kein besseres System einfällt, aus welchem heraus es möglich wäre, durch Mitbestimmung Dinge zu verändern. Nicht immer jetzt und gleich und durchaus langwierig und mühsam und vielleicht sogar erst in einer Zukunft, in der man selbst nicht mehr dabei ist, aber den Weg dahin kann man mitgestalten. Dann eben mit kleinen Schritten, aber, siehe Insider, auch dafür braucht es mehr als zwei, die mitmachen wollen. Sonst
Autsch
was als Lied thematisch nun gar nichts damit zu tun hat. Es ist ein wundervolles Liebeslied über eine vergangene Liebe und über den Umgang damit und miteinander. Ja, Moira und Tom waren mal ein Paar. 7 Jahre lang und genauso lange sind sie es jetzt nicht mehr. Aber sie sind ein Team, ein ganz großartiges. Musik ist etwas sehr Intimes, man öffnet seine Seele, immer wieder, bei jedem Konzert, im Studio, im Probenraum, man verbringt viel Zeit miteinander. Viele Bands sind an einer solchen Situation zerbrochen. NERVLING nicht und wir sind sehr froh darüber.
Es geht weiter
immer weiter und auch an diesem Sonntag wollte die Uhr einfach nicht stehenbleiben, so sehr man sich das gewünscht hätte. Tick, Tack, Tick, Tack – gnadenlos, der behördlich verordneten Mittagsruhe entgegen, rannten die Zeiger der Kirchturmuhr und so musste der Onkel mit der Laterne nach
Call my name
zu seiner obligatorischen Geldsammelrede anheben. Das Applausometer zeigte einige neue Besucher an, sehr schön, kommt gerne wieder. Natürlich ging es, wie immer, um gelebte Solidarität derer, die es sich leisten können, diejenigen mitzunehmen, denen es schlechter geht. Nebenbei ging es auch um das interne Battle zwischen dem Trio Infernale und Nervling, die sich seit Jahren gegenseitig den Einnahmenrekord abjagen. Hat diesmal knapp nicht geklappt und somit bleibt der Rekord vorläufig beim Trio, aber pro Kopf gesehen ist er nun bei NERVLING. Damit können doch alle leben und 2026 wird dann eine neue Battlerunde eröffnet.
Unsere Geldsammel“Kinder“ waren heute Wilma und Erna, danke dafür, wie auch für den Verkauf der CDs zusammen mit Anna.
Erdbeben
und „Rosalie“ trieben den PublikumsOrkan noch einmal auf die Spitze, Moira und Tom zogen wirklich alle Register einer emotionalen Achterbahnfahrt. Die kindlich kluge anarchistische Kraft der beiden ist ungemein ansteckend und wir hatten euch ja in der Ankündigung versprochen, dass der
„Gute-Laune-Akku“ bei diesem Konzertbesuch aufgeladen, bis zum Jahresende reichen würde.
So kam es auch und eine Zugabe war damit natürlich unvermeidlich. Mit
In einer anderen Welt
klang der Vormittag aus und mit diesem Lied schloss sich eine Klammer, die wir nicht unerwähnt lassen können.
Kurz vor dem Konzert erfuhren wir vom Tod unseres lieben Stammgastes Andreas, der uns durch seine ansteckende Fröhlichkeit und Liebe zu uns, fast jede Woche seit vielen Jahren immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Wir vermissen, aber wir vergessen Dich nicht und wünschen Deiner Mama ganz viel Kraft und Liebe.
„…Und in einer anderen Welt,
in der Nähe noch was zählt,
bist Du…“
und siehst uns zu!
Gez. Plisch
Weiter immer weiter geht es am Sonntag mit:
https://kunsthofkoepenick.eu/veranstaltungen/apres-church-auf-dem-kunsthofkoepenick-colbinger/
Après Church, die nachbarschaftliche verbindende Veranstaltungsreihe zum Erleben von Kultur bei Kaffee, Wein, Bier oder alkoholfreien Getränken.
Jeden Sonntag 11.30Uhr bis 13.00Uhr auf dem KunstHofKöpenick.
HÖRT IHR DIE GLOCKEN, MACHT EUCH AUF DIE SOCKEN!
Alt Köpenick 12 – Einlass ab 11Uhr – EINTRITT FREI –
Alle Konzertberichte des Jahres zum Nachlesen findet ihr auf unserer Website unter dem Reiter APRÈS CHURCH – Alle Konzertberichte
https://kunsthofkoepenick.eu/category/allgemein/
Fotos: Dietmar Marquardt, Norbert Milzow