33, Single & Broke
33, Single & Pleite, hieß das letzte Album von Teresa und man könnte also Schwermut erwarten. Weit gefehlt. Ein launiger, positiver, fröhlicher Vormittag erwartete uns alle auf dem proppenvollen KunstHof! Und überhaupt, Teresa selbst geht ja frontal auf das Publikum zu, indem sie nicht verheimlicht, dass ihre Lieder oft traurig oder fatalistisch anmuten. Das ist ja auch klar, wenn man sich in den Texten mit dem eigenen Leben und seinen Verzweigungen und Unwägbarkeiten beschäftigt, nur…als Zuhörer mag sich gar keine Trauer einstellen, auch wegen der immer positiven und kurzweiligen, lustigen Moderationen und Geschichten. Oder vielleicht doch…nur ganz anders.
Nennen wir es eine positive Traurigkeit, also so gesehen –Melancholie-.
Wie wunderbar, wenn man sich ihr hingibt, sie zulässt, daraus Kraft zieht und dann weiter geht.
Blue Eyes
Zum Beispiel. Ein Song, den Teresa schon als 9-jährige! für ihre Mama schrieb. Scheinbar hat sich diese Form der Verarbeitung also schon damals bei der noch kleinen Teresa Bahn gebrochen. Zum Glück für sie und für uns, können wir doch dadurch teilhaben an Teresas Geschichten und Liedern, die sie in Kunst zu gießen vermag.
Und ja, es ist große Kunst, wie sie Gitarre spielt und ihre Stimme durch alle Register jagt.
Mit einer Leichtigkeit, Eleganz und Anmut, dass es kaum zu fassen ist.
Mal kraftvoll dynamisch, mal durchsichtig, fast gläsern und immer sehr sehr innig. Und das auch ohne Band oder Orchester.
Follow you
Genau das tat das Publikum, was von der ersten Sekunde an in Deinen Bann gezogen war, liebe Teresa, es folgte Dir. Aufmerksam und gespannt. Bei „Follow you“ folgte es Dir sogar singend. Sehr schön verwob sich also Deine Stimme mit den Stimmen des KunstHofKöpenick und dem Glockengeläut der Stadtkirche. Vorher wurde auch noch auf 2 und 4 geschnipst. Naturgemäß nicht so einfach im deutschen Kulturraum, aber bei uns oft geübt und somit hat sich das Publikum, den von Dir verliehenen Titel „Die Beschützer der heiligen 2 und 4”, wirklich verdient ☺
Lieblingsmomente
nannte Teresa das, weil Konzerte eben im Besten Fall ein Dialog sind, also Energie aus dem Publikum zurück auf die Bühne kommt. Und die Energie kam. Immer wieder – mit tosendem Applaus und gesendeter Liebe und Hochachtung. Danke ihr tolles Publikum!
Vintage 1986
Vielleicht erinnert ihr euch, als Teresa zum ersten Mal bei uns war, hatte sie ihre akustische Gitarre dabei. Diese war natürlich auch diesmal mit an Bord, aber zusätzlich hatte sie noch ihre E-Gitarre und einen Jazz-Chorus-Verstärker dabei, der wirklich einen butterweichen Klangteppich legt und außerdem nebenbei für eine weitere Geschichte sorgte.
Als Teresa ihn in einem Vintage-Gitarrenladen fand, schwärmte der Verkäufer es sei ein „wirklich sehr alter Vintage Verstärker, Jahrgang 1986“. Was natürlich im ersten Moment etwas uncharmant anmutet, wenn man bedenkt, dass auch Teresa Jahrgang 1986 ist.
Sie entschied sich aber dafür nicht beleidigt zu sein und den Verstärker trotzdem zu kaufen.
Eine gute Wahl!
Tipp an die Leserschaft…Man muss aber trotzdem Gitarre spielen können, sonst nützt auch der beste Sound nix ☺
Von Schwalben und Nestern
Auch eine der Geschichten die zu einem Lied werden, wenn man auf Hiddensee an einer Klippe sitzt und beobachtet, wie frei und spielerisch die Schwalben scheinbar nur zum Spaß herumfliegen und aber trotzdem ihr Nest gebaut haben. Und natürlich kann speziell jede Frau sehr gut nachvollziehen, was das in unserer Menschengesellschaft immer noch für ein nahezu unmöglicher Spagat ist. Da zeigt sich eben auch, dass das Private durchaus politisch ist.
Wie überhaupt Teresa ein sehr engagierter politischer Mensch ist. Indem sie diese Themen anspricht, spricht sie eben nicht ausschließlich für sich, sondern für alle Frauen und für Zustände, die selbst in unserem Land eben noch lange nicht da sind, wo sie hingehören und ich kann es nur immer wieder sagen, solange wir nicht als Grundvoraussetzung, wenigstens flächendeckend, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und kostenlose Kinderbetreuung haben, werden wir allein über das Sprachverhalten die Probleme nicht gelöst bekommen.
8 Monate ohne Konzert
Das war Teresas Zeit vor dem Auftritt bei uns und ja, sie hat die Zeit anderweitig gut genutzt, indem sie z.B. für die NGO “World Future Council” als Projektmanagerin für den „Future Police Award” tätig ist. Das wundert jetzt nicht, wenn man weiß, dass sie studierte Politikwissenschaftlerin ist, aber ohne Musik wird es bei ihr nie gehen, das behaupte ich jetzt einfach mal, auch weil ich es sehr hoffe. Politische Arbeit ist wichtig, aber Konzerte können so viel, wenn eine klare Haltung dahintersteht. Und manchmal wird es mir derzeit einfach zu still in der Musik. Dröhnende Stille sozusagen. Wir brauchen aber Auseinandersetzung und in Lyrik und Noten gegossene Haltungen. Musik und Kultur im Allgemeinen sind immer noch das beste Transportmittel. Kunst als Selbstweck kann auch wunderbar sein, aber mit Haltung unterfüttert, ohne Zeigefinger und Dogma, ist und bleibt sie ein Segen, ein Lebensmittel!
Floating in Space
ist so ein Beispiel und war nebenbei eine absolute Premiere, wurde also erstmals bei uns auf dem KunstHofKöpenick vor Publikum dargeboten. Wir sagen es ja auch immer wieder, unser Hof ist ein Raum zum Experimentieren, zum Ausprobieren neuer Programme, neuer Songs oder sogar ganz neuer Bands. All das hatten wir schon und unser Publikum, unser Rahmen ist dafür einfach wie geschaffen.
Harte Themen aussprechen ist wichtig und davor scheut sich Teresa nicht. Nicht zu reden, nichts anzusprechen wäre das Ende. Ich bin mir nicht sicher, ob sich Ängste halbieren, wenn man sie teilt, so wie Liebe sich verdoppelt, wenn man das tut. Aber in jedem Fall kann es nicht schaden, zu bemerken, dass man mit seiner Angst nicht allein ist. Und das sich Vergewissern und das Reden darüber kann ein Anfang zur Lösung sein. Floating in space also, ein Weltuntergangsszenario mit einem lustig von Teresas Stimme nachempfundenen Theremin, was ja spätestens seit „Star Trek” (Raumschiff Enterprise) für Space Sounds herangezogen wird. Seit über 100 Jahren gibt es nun dieses kauzige Instrument, welches als einziges Instrument auf der Welt ohne Berührungen gespielt wird. Sehr spannende Sache. Teresa sucht übrigens noch eins für die Aufnahmen zum neuen Album, also wenn jemand eins im Keller hat, meldet euch bei uns.
Spätestens bei diesem Lied war auch manch Konzertbesucher froh, nicht so gut Englisch zu können. By the way…Teresa spricht nur deshalb so gut Deutsch, weil sie sich in Berlin irgendwann als Finnin ausgegeben hat, damit nicht alle mit ihr Englisch reden. Tja…wärst Du mal damals nach Köpenick gezogen, da hättest Du diesen Umweg der Selbstverleugnung nicht gehen müssen ☺
Tui
Denn Teresa kommt natürlich nicht aus Finnland, sondern aus Neuseeland, wie der Vogel Tui. Dieser hat 4 Stimmbänder und ist in der Lage jedes Geräusch, was er hört, zu imitieren. Ursprünglich natürlich, um sich Vorteile bei der Fortpflanzung zu verschaffen, also zu protzen. Ähnlich dem Leierschwanz kann das aber auch zum Zwang ausarten, was für den Tui dann ganz schön überfordern sein kann, wenn viele spannende Geräusche gleichzeitig auftreten.
Überfordert war heute glücklicher Weise niemand. Teresa hat ja auch „nur” zwei Stimmbänder. Die haben es aber in sich!
Cant` buy me love
Da in der ersten Reihe ein Besucher mit Beatles T-Shirt saß, wurde auch noch schnell eine Beatles Nummer eingestreut und überhaupt jagte ein Highlight das nächste. Ob es nun in „The Semi-Professional Clown” um einen Clown ging, der auf Kindergeburtstagen spielen muss, obwohl er Kinder hasst, (a capella! wunderschön!!!) oder wir bei „Hold your Heart” unser Herz (singend) in unseren Händen hielten, es fand wieder zusammen, was zusammengehört.
Teresa wollte es sich schließlich trotz zweier kürzlich erfolgter Knie Operationen nicht nehmen lassen, bei uns zu spielen, weil sie unserer Idee, wie eine Gesellschaft sein sollte, absolut folgen kann. Das bekräftigte sie auch noch einmal nach der (Zitat Teresa) „mit Abstand besten Geldsammelrede” vom Onkel mit der Laterne Tobias, der wieder humorig das KunstHof Konzept des gesellschaftlichen Zusammenhalts, des „Einer- trage-des-anderen-Last” erklärte und sich heute Fanto als Sidekick ausgeguckt hatte. Danke Fanto! ☺
Neben Wilma sammelte heute die „Next Generation Sammelkinder”, nämlich Sofia und Frida. Ihr kleinen Mäuse (und Wilma), das habt ihr toll gemacht. Sicher gibt`s von der Oma auch ein Eis.
Am Merch saß heute Anna, die früh auch schon die PA mit aufgebaut und verkabelt hatte. Im Juli wird sie dann zum ersten Mal eigenständig den Sound mischen. Danke auch Dir Anna. Irgendwie sind wir ja scheinbar wirklich ein Ausbildungsbetrieb.
ZUGABE
gab es nicht nur eine und das völlig zu Recht. Liebe Teresa, wir haben uns wieder sehr wohl mit Dir gefühlt und freuen uns sehr über Deine Wertschätzung unserer ehrenamtlichen Arbeit.
Und wenn Du wieder einmal Heimweh hast, bei uns hast Du immer ein zu Hause.
gez.Plisch
und am SONNTAG mit:
https://kunsthofkoepenick.eu/veranstaltungen/apres-church-auf-dem-kunsthofkoepenick-tom-baetzel/
Après Church, die nachbarschaftliche verbindende Veranstaltungsreihe zum Erleben von Kultur bei Kaffee, Wein, Bier oder alkoholfreien Getränken.
Jeden Sonntag 11.30Uhr bis 13.00Uhr auf dem KunstHofKöpenick.
HÖRT IHR DIE GLOCKEN, MACHT EUCH AUF DIE SOCKEN!
Alt Köpenick 12. Einlass jeden Sonntag ab 11Uhr – EINTRITT FREI –
Alle Konzertberichte des Jahres zum Nachlesen findet ihr auf unserer Website unter dem Reiter APRÈS CHURCH – Alle Konzertberichte
https://kunsthofkoepenick.eu/category/allgemein/
Fotos: Dietmar Marquardt, Ronny Pabst, Norbert Milzow