Und weil wir Besuch aus München hatten
von wo aus man die Alpen ja schon sehen kann, wenn es föhnt, beginne ich heute mal ganz anders. Hartnäckig halten sich ja immer noch die Gerüchte, dass unser sonntägliches „Après Church” eine Kirchenveranstaltung wäre, was den einen oder die andere Antiklerikale abhält den Sonntag mit uns auf dem besten KunstHof der Welt zu verbringen.
Mensch Nachbarn, ehrlich…man muss auch nicht zwingend vorher Ski fahren, um sich beim „Après Ski” hernach einen hinter die Binde zu orgeln, gelle? ☺
Lediglich ist es eben so, dass der KunstHofKöpenick genau gegenüber der Stadtkirche liegt und wir die Schlussglocke des Gottesdienstes als unser sonntägliches Startsignal begreifen. Und uns sind alle Willkommen, egal an was oder wen oder ob sie überhaupt an etwas glauben. Egal, wo sie herkommen und wo sie hinwollen. Artikel 1 des Grundgesetzes ist allerdings nicht verhandelbar. An den sollte man schon glauben, wenn man uns besucht! Amen☺
Danach
Geht`s auch gleich los mit dem Bericht über die Musike heute, aber, wir wollen ja chronologisch bleiben, an diesem Sonntag starteten wir erst einmal mit einer verspäteten aber angemessenen Ehrung. Daher übergab der Zeremonienmeister Tobias gleich zu Beginn das Mikrofon an unseren Bezirksbürgermeister Oliver Igel, der eine Laudatio auf unseren Randolf Brückner vorbereitet hatte. Wenn „Vereinsmeierei” auch einen guten Anstrich haben sollte, dann wäre Randolf ohne Frage der Leuchtturm der Vereinsmeierei. Er ist in so vielfältigen Vereinen ehrenamtlich aktiv, dass man gar nicht mehr hinterherkommt. Speziell für sein Engagement in der Flüchtlingshilfe in einer Zeit, als die Institutionen nicht hinterherkamen, erhielt Randolf die goldene Ehrennadel des Landes Berlin.
Leider geschah dies in der Zeit der Pandemie und so wurde ihm Nadel, Urkunde und Präsentkorb per Bote vor die Tür gestellt. Und da Randolf auch noch ein sehr bescheidener Mensch ist, erfuhren wir das eher so beiläufig im letzten Winter bei einem unserer Stammtischgespräche. Wir haben nicht lange gefackelt und den Bezirksbürgermeister angefragt, ob man den offiziellen Teil nicht vielleicht im Rahmen einer Après Church-Veranstaltung nachholen könnte, also eben in einem öffentlichen Rahmen und trotzdem für Randolf familiär. Oliver Igel hat das sofort zugesagt.
Dafür bedanken wir uns, wie auch für eine würdige und trotzdem lockere Laudatio und wir gratulieren auch noch einmal ganz herzlich „unserem” Randolf. Du hast es verdient!
Egon
war zwar nicht da, aber pünktlich 11.30Uhr erklommen nun Norbert, Julian, Ludwig und Susanne, also „Die Hinter-Hoflieferanten” die Bühne und das in feinster Garderobe und Instrumentierung. Susanne war auch gleich auf Tuchfühlung mit dem Publikum, kein Fremdeln auf beiden Seiten. Einige im Publikum waren jedoch sichtlich erfreut, dass die Kommunikation sehr hochdeutsch vonstatten ging…als würde man die Bayern so schlecht verstehen. Himmiherrschaftzaggramentzefixalleluja, so schwer isset nu oooch nich!
Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben
wurde gleich zuerst mal als Frage und Lied in den Raum gestellt und damit waren wir schon drin in der „alten Zeit”, die bei Weiten nicht immer „die gute” war, kulturell jedoch ein Fundus an wundervollen Melodien und Texten, einer Kultur, die wenig später von den Nazis zerschlagen wurde. Nicht nur die unsägliche (bis heute herrschende) Teilung der Kunst in Ernst und Unterhaltung haben wir diesem idiotischen tausendjährigem Versuch zu „verdanken”, sondern die Vertreibung und sogar Tötung der Besten der Besten. Von diesem Bruch in der Lebenslinie der deutschen Kultur, die eben auch eine jüdische war, hat sich unsere Kultur eigentlich bis heute nie wirklich erholt. Wir sollten das nie vergessen, wenn wir diesen Melodien und Texten von zum Beispiel Tucholsky, Hollaender, Brecht und Weill lauschen. Oder eben auch Rudolf Schanzer mit dessen Text im Lied
Ich hol Dir vom Himmel das Blau
es eigentlich weitergehen sollte, eigentlich…denn unser Freund ZILLE, Berlins Antwort auf die Cosplayer dieser Welt, hatte Wind davon bekommen, dass hier in seinem Revier Münchner Künstler „seine Lieder” spielen. Und da wollte er mal so richtig Bescheid sagen und platze polternd in die Veranstaltung. Da er aber augenscheinlich die Brantl Susi janz knorke fand und sie ihm außerdem versicherte, die Genehmigung für diesen Akt der kulturellen Aneignung von ihrer Freundin Claire Waldoff zu haben, die bekanntlich auch ZILLEs Freundin ist, war das Eis schnell gebrochen. Um den Finger ließ er sich wickeln, der olle ZILLE und jeschmeichelt war er ooch, weil die Hinter-Hoflieferanten sich ihre Bühnenkleidung nach seinen Zeichnungen anfertigen ließen.
So wurde es kein Battle, sondern ein kurzweiliger Dialog auf dessen Höhepunkt ZILLEs PORTJESCHE, die natürlich auch in feinster Kluft zugegen war, jedem ein Fläschlein „Berliner Luft” überreichte. Siehste…am Ende eint uns alle eben doch mehr als uns trennt und sei es die Liebe zur Kultur und zum Leben. Danke ZILLE, dit war dufte. Und Du warst ja dann ooch bis zum Ende da, also hat es dir oooch jefallen…
Liebe Nachbarn. Besucht doch gerne mal unseren ZILLE in seinem Stubentheater, oder auch im Altstadttheater Köpenick! (www.altstadttheater-koepenick.de)
Groschenlied
von Friedrich Hollaender soll jetzt mal eine gute Gelegenheit sein, um die Band um Susanne Brantl in höchsten Tönen zu loben!
Ludwig Hahn an der Violine Julian Schwarz am Akkordeon Norbert Bürger am Banjo
Es war eine Freude euch zu lauschen, es geht ja eben nicht nur um das Beherrschen des eigenen Instrumentes, das ist lediglich die Grundvoraussetzung. Musike aber ist ein Mannschaftssport und wie ihr euch als Ensemble zusammenfügt, dem jeweils anderen Raum lasst, locker und flockig brilliert und damit das Bett bereitet, auf dem die Geschichten und Lieder gedeih ‘n ist eine wahre Freude. Und denn könnt ihr oooch noch singen. Chapeau!
Stern von Rio
mit wunderschönem GeigenSolo von Ludwig zur Tanzeinlage von Susanne samt imaginärem Diamant im Bauchnabel zog dann wirklich alle Register und wer bisher noch trockenen Augen hatte, der musste spätestens hier kapitulieren und das Zwerchfell tun lassen, was es eben so gerne tut. Auf und ab tanzen. Und warum sollte man sich auch dagegen wehren herzhaft zu lachen, es sei denn die Nähte der letzten Gesichtsoperation stehen auf dem Spiel. Ein Thema was wohl die wenigsten in den 1920er Jahre verorten würden, aber
Wegen Emil seine unanständ`ge Lust
ein Lied von Paul Strasser und Julian Arendt zeigte uns, dass es durchaus schon damals ein Thema war und ist ein auf erfrischende lockere Weise ein von Männern für die Waldoff geschriebenes frühfeministisches Lied. Unbedingte Hörempfehlung!
Wenn ick mal tot bin
denn mach ick wat ick will, auch wieder so ein großartiges Lied vom „kleinen großen” Friedrich Hollaender war auch im Programm. Wie auch Nannas Lied, das Zigeunerlied, Gigolo, Nachtgebet usw. … ihr merkt schon, es ging eben nicht ausschließlich lustig zu, aber immer unterhaltsam und mit teils auch privaten Geschichten wunderbar von Susanne Brantl verwoben. So endete der Vormittag vorläufig mit
hijo de la luna
einem Lied, was eigentlich total aus Raum und Zeit fiel, sich dann eben aber in dieser großartigen Interpretation (und ich kenne einige) wunderbar ins Oeuvre fügte. Vor diesem Lied jedoch gab der “Onkel mit er Laterne” wieder sein Bestes, um sich bei den Gästen, dem Publikum und den Künstlern zu bedanken, das Prozedere des KunstHofKöpenicks zu erklären und mit unserem Geldsammel„kind” Anna den Geldabholblick zu üben.
Ach so, aus Gründen…
Wir erinnern uns an den obigen Absatz zur dunklen Zeit. Im Juni sind Europawahlen. Folgende kleine Anekdote. Heute besuchte uns ja auch Ana-Maria Trăsnea. Eine von den zwei (Treptow)Köpenicker Abgeordneten, die wir im Bundestag hatten. Und das „hatten” bezieht sich darauf, dass bei der Wiederholungswahl in den betroffenen Wahlbezirken in Berlin die Wahlbeteiligung zu gering war.
Dadurch ging ihr Mandat und damit unsere Köpenicker Stimme im Bundestag innerhalb derselben Partei nach Niedersachsen. Ja, Demokratie ist manchmal schwierig und nicht alles ist in Ordnung in der doch wunderbaren Idee Europa, aber: Wenn mir das Essen in einem Restaurant nicht schmeckt, dann renne ich auch nicht raus und zünde den Laden an.
An solchen „Kleinigkeiten” merkt man also, wirklich jede Stimme zählt und hat Auswirkungen. Geht bitte wählen, vor oder nach dem Konzert von Tom Baetzel zum Après Church am 09. Juni, oder macht es per Briefwahl. Kann man ganz easy beantragen, für Köpenicker z.B. Einfach per mail an . Was da drinstehen muss, findet ihr hier:www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-buergerdienste/wahlamt/
Irgendwo auf der Welt
gibt`s ein kleines bisschen Glück. Das war die Zugabe und wir wissen wo dieses irgendwo ist. Jeden Sonntag bei uns auf dem KunstHofKöpenick!
Ein wunderbarer sehr sonniger und launiger Vormittag ging leider zu Ende. Danke Hinter-Hoflieferanten, danke Petrus, danke tolles Publikum, danke dem ganzen KunstHof-Team, danke Zille und Portjesche, Danke dem Leben und der Liebe.
KunstHof traf Hinter-Hof. Weder wir noch unsere Gäste aus Minga wollten von diesem Tag Abschied nehmen und so aßen, tranken und redeten wir noch bis in den Sonnenuntergang hinein.
Zwischendurch hüpfte auch noch relativ surreal ein kleiner Junge an uns vorbei und sang “Ach Egon, Egon, Egon”…na, da haben die Hinter-Hoflieferanten ja generationsübergreifend gute Arbeit geleistet!
Danach…Nachtgebet und ab ins Bett ☺
gez.Plisch
weiter geht es am SONNTAG :
www.kunsthofkoepenick.eu/veranstaltungen/apres-church-auf-dem-kunsthofkoepenick-barbara-cuesta/
Après Church, die nachbarschaftliche verbindende Veranstaltungsreihe zum Erleben von Kultur bei Kaffee, Wein, Bier oder alkoholfreien Getränken.
Jeden Sonntag 11.30Uhr bis 13.00Uhr auf dem KunstHofKöpenick.
HÖRT IHR DIE GLOCKEN, MACHT EUCH AUF DIE SOCKEN!
Alt Köpenick 12. Einlass jeden Sonntag ab 11Uhr – EINTRITT FREI –
Alle Konzertberichte des Jahres zum Nachlesen findet ihr auf unserer Website unter dem Reiter APRÈS CHURCH – Alle Konzertberichte
https://kunsthofkoepenick.eu/category/allgemein/
Fotos: Dietmar Marquardt, Norbert Milzow